Der neue Vorstandsvorsitzende der Karl-May-Stiftung, Radebeuls Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos), steht unter Druck: Er hatte den Radebeuler Stadtrat nicht über die Kündigung des Museumsdirektors Christian Wacker informiert, aber den Beschluss über den Kauf eines Grundstückes für den Museumsneubau an der Meißner Straße gegen heftigen Widerstand durchgesetzt. Hierfür erntet er nun, nachdem zahlreiche Vorwürfe öffentlich wurden, aus dem Stadtrat Kritik.
So wird sich nun auf Antrag der gemeinsamen Fraktion Bürgerforum/Grüne/SPD auch der Radebeuler Stadtrat mit der Causa Karl-May-Museum / Stiftung / Weggang Christian Wacker beschäftigen. Am kommenden Mittwoch geht es am Ende des öffentlichen Teils (TOP 14) darum, den im März genehmigten Ankauf des an das Museum angrenzenden Grundstücks mit der Aral-Tankstelle zunächst auszusetzen.
„Wir wollen das Karl-May-Museum nicht zumachen“, betont Heinz-Jürgen Thiessen, Geschäftsführer der Fraktion, und erinnert daran, dass es erst vor gar nicht langer Zeit eine Fraktionssitzung im Museum gegeben habe. Dort und bei anderen Gelegenheiten habe er einen guten Eindruck von der Arbeit sowie den Plänen des nun scheidenden Direktors gewonnen. Ähnlich argumentiert der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Thomas Gey für die SPD, der zudem die Bildung eines Betriebsrats durch die Mitarbeiter lobt. Beide haben aber große Bedenken, angesichts der jetzigen Entwicklungen das Geld für eine aus ihrer Sicht mit 952.000 Euro ohnehin weit überteuerten Gesamtinvestition für den Grundstückskauf auszugeben, wenn das gesamte Neubauprojekt nicht mehr gesichert sei. Zunächst einmal müsse die Stiftung ihre Hausaufgaben machen und eine solide Basis schaffen, argumentieren beide.
„Wir fühlen uns getäuscht“, bringt Thomas Gey die Sache auf den Punkt. Die Entscheidung  über den Ankauf des Grundstückes an der Meißner Straße sei in der Ratssitzung vom 18. März gefallen. Nun werde plötzlich bekannt, dass die Kündigung Wackers schon im Februar erfolgte. Trotzdem sei der Rat von Bürgermeister Bert Wendsche nicht einmal nichtöffentlich in Kenntnis gesetzt worden. Jetzt Mittel für den Ankauf freizugeben, wenn möglicherweise die Fördermittel für den geplanten Neubau aufgrund früherer Fehler gar nicht flössen, ist aus seiner Sicht nicht seriös. Ohnehin zahle die Stadt dem Museum jährlich 100.000 Euro und werde sicher auch das Projekt nicht unwesentlich unterstützen müssen. Auch Gey möchte dem Museum nichts Böses, „aber dann muss es auch gut gemacht sein“. „Mit Henrystutzen und Silberbüchse“ ist aus seiner Sicht die Jugend nicht mehr zu gewinnen, da müssten andere Zukunftskonzepte her. Und kritische Diskussionen zu unterdrücken, wie es seitens des Stiftungsvorstandes wohl getan worden sei, hält er für den völlig falschen Ansatz.
Ob es hilfreich sei, dass der OB nun auch noch vorübergehend den Stiftungsvorsitz übernommen hat, weiß Gey nicht. Wendsche habe ohnehin schon viel zu viele Aufgaben neben dem Job im Rathaus, findet der Sozialdemokrat. Ironischerweise sei der Verwaltungschef ja auch einmal in die Stiftung gegangen, um dort für mehr Transparenz und klarere Strukturen zu sorgen. Das sei offenbar nicht gelungen. Wobei Gey sich auch darüber nicht verwundert zeigt.
Tatsächliche Aufklärung erwartet Thomas Gey von der Ratssitzung trotz allem nicht. Dafür sei schon lange genug Zeit gewesen. Er schüttelt selbst am Telefon hörbar den Kopf, ob der seltsamen Konstellationen und des Kommunikationsdesasters im Museum. Während sein grüner Kollege Heinz-Jürgen Thiessen bedauert, dass die Opposition es „bei der Mehrheit von CDU und AfD einfach schwer“ habe, „die brauchen ja immer nur noch ein paar Stimmen der FDP.“ Beide haben bereits die merkwürdigen Umstände des Ausscheidens von Wackers Vorgängerin Claudia Kaulfuß kritisch beobachtet. Es seien aber nie kritische Informationen nach außen gedrungen und nur Positives vermeldet worden. Bis zum „Wacker-Brief“, den die Männer ausdrücklich begrüßen. Und sich einen grundlegenden Wandel in der Stiftung wünschen. Machen könne die Politik dennoch wenig. „Sicher kann die Stadt die jährlichen 100.000 Euro streichen“, überlegt Thomas Gey. Selbst eine solche Maßnahme sorge aber gegen den Stiftungsvorstand schwerlich für Druck: „Die haben doch genug Geld.“
Und wenn sich nun herausstellt, dass die Förderung durch die schädlichen Maßnahmen der Vergangenheit „gestorben“ ist? Andere Möglichkeiten finden, sagt Thomas Gey und will sonst „nicht spekulieren“. „Ich habe gelernt, dass es immer Sinn macht, eine Alternative in der Tasche zu haben“, unterstreicht Heinz-Jürgen Thiessen, der um die Bedeutung des Museums für Radebeul und Sachsen weiß, aber auch das solide Fundament nicht aus dem Blick lassen will.
Derweil nahm die Krise um Stiftung und Museum im Verlauf des Donnerstages skurrile Züge an. Nachdem am Vormittag bereits eine Erklärung der Karl-May-Stiftung in Umlauf gebracht worden war, wandte sich das Kuratorium am Nachmittag mit einer weiteren eigenen Meldung an die Öffentlichkeit, offenbar auf Treiben des Präsidenten des Kuratoriums, Anwalt Dr. Robert Straßer.
In dieser Erklärung wiederholte man weite Teile der Mitteilung vom Vormittag und verwies darüber hinaus auf die Absicht, „mannigfache Hintergrundinformationen“ zu klären, bevor am 27. Juni die satzungsgemäße Kuratoriumssitzung stattfindet. Als hätte man die Erklärung des Stiftungsvorstandes vom Vormittag nicht als ausreichend betrachtet, merkte das Kuratorium nun in seiner separaten Erklärung an, dass „mehrere Kuratoren“ in der gestrigen Videokonferenz darauf hingewiesen hätten, in der Sitzung Ende Juni „großflächige Umbesetzungen im Vorstand“ diskutieren und umsetzen zu sollen. „Geeignete neue Kandidaten und Kandidatinnen hätten bereits ihre Bereitschaft zur Mitwirkung im Vorstand erklärt“, heißt es. Ebenso müsse „die Notwendigkeit von stiftungsrechtlich zulässigen Satzungsreformen insbesondere im Bereich des Verhältnisses von Museumsgeschäftsführung und Vorstand“ diskutiert werden. Und als reagiere man nun endlich auf Forderungen aus der Karl-May-Szene, betonte man in der Erklärung, man sei sich – „im Kuratorium“ – „über die Leistungskraft des Personals“ des Museums „und die erzielten Erfolge“ bewusst. Zudem bedaure man den Weggang Dr. Wackers, der „wichtige Impulse für die Weiterentwicklung“ des Museums gesetzt habe, die es weiterzuführen gälte.