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Bei bestem Wetter und vor ca. 8000 Zuschauern (darunter auch Alt-Winnetou Gojko Mitic, Jochen Baumert, Patrick Bach und Nicolas König) fand am vergangenen Samstag die Premiere von ‚Winnetou I‘ statt und brachte die Erkenntnis, dass zu einem kompletten Neuanfang am Kalkberg noch mehr gehört als ein neuer Winnetou-Darsteller.

Darüber, dass Erol Sander bei seinem Segeberg-Debüt ein Einstand nach Maß gelungen ist, besteht kein Zweifel. Seine Darstellung des jungen Apatschenhäuptlings überzeugte in allen Bereichen und führte nur allzu deutlich vor Augen, wie notwendig eine personelle Veränderung für diese Rolle gewesen ist.

Das Stück selbst hinterließ einen eher zwiespältigen Eindruck. In der ersten Hälfte gab es zahlreiche Szenen, die durch ihre stimmungsvolle Inszenierung und Buchnähe sowie die sehr guten Darsteller begeistern konnten. Besonders die Actionszenen bleiben aber die Problemzone von Regisseur Nobert Schultze jr., der zwar die Figur des Winnetous sehr gut in Szene zu setzen verstand, aber die alten Schwächen bei den zahlreichen Angriffen offenbarte.

Ähnlich problematisch verhält es sich mit der Auffassung von Komik, für die Buchautor Michael Stamp zuständig ist. Die Figur des französischen Parfümherstellers Jacques LeClou (Frank Schröder) zog wieder sämtliche Klischeeregister und fügte sich eher störend in die Handlung ein. Glücklicherweise war die Rolle kleiner angelegt, als Schröders Jurisconsulto 2005. Der zappelige Juggle-Fred (Rainer König) unterbrach mit seiner Zaubervorstellung zudem minutenlang den Spielfluss komplett.

Da bleibt für die Entwicklung der wieder sehr zahlreichen Rollen leider zu wenig Platz. Besonders auffällig ist dies in Hinblick auf das Schurkentrio Santer (Peter Kremer), Rattler (Dirc Simpson) und Capitano (Anderson Farah), die sich gegenseitig Raum wegnehmen, wodurch es lediglich dem sehr guten Simpson gelingt, einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.

Unverständlich war auch, wieso grundlegende Elemente des Stoffs ‚Winnetou I‘ umgeschrieben wurden. So greifen Old Shatterhand (leider sehr blass: Thorsten Nindel) und Sam Hawkens (trotz kleiner Rolle überzeugend: Ulli Kinalzik) zusammen mit den Kiowas das Pueblo der Apatschen an, eine Tat, die den beiden seitens der Apatschen eigentlich nicht hätte verziehen werden können. Außerdem findet das Gottesurteil zwischen Winnetou und Shatterhand statt (wodurch der ansonsten als Intschu tschuna durchaus überzeugende Joshy Peters in diesem Jahr keinen einzigen Kampf zu bestreiten hat), und – man traute seinen Augen nicht – Winnetou gewinnt…

Und trotzdem – ‚Winnetou I‘ gehört allein schon wegen der sehr guten Darstellung von Erol Sander als Winnetou zu den besseren Stücken der letzten fünf Jahre.

kcs (Foto: KARL MAY & Co.)