Doch wie aussichtsreich sind solche Forderungen, die zuvor schon Christian Wacker selbst und ebenso der frühere langjährige Vorsitzende der Karl-May-Gesellschaft Dr. Johannes Zeilinger geäußert hatten? Denn über die Zukunft der Stiftung entscheiden der Vorstand der Karl-May-Stiftung und über diesen das Kuratorium. In diesem Gremium sitzen Vertreter mit ganz unterschiedlichen Backgrounds – etwa: Karl-May-Forscher, Wissenschaftler, Steuerberater, Anwälte, Politiker –, und sie sind es, die den viel kritisierten und bereits geschrumpften Vorstand der Stiftung abwählen oder neue Kandidaten wählen können.
Ebenso unterstützen die Kuratoren die Stiftung auch mit ihren Fachkenntnissen. Christian Wacker im Gespräch mit KARL MAY & Co.: „Ich fand es bei meinem Amtsantritt durchaus bemerkenswert, dass so viele Kuratoren auch Tätigkeiten rund um das Karl-May-Museum wahrnehmen. Fairerweise muss man dazu allerdings sagen, dass niemand wirklich marktgerecht abrechnet, sondern alle dem Museum entgegenkommen.“
„Ich fand es bei meinem Amtsantritt durchaus bemerkenswert, dass so viele Kuratoren auch Tätigkeiten rund um das Karl-May-Museum wahrnehmen. Fairerweise muss man dazu allerdings sagen, dass niemand wirklich marktgerecht abrechnet, sondern alle dem Museum entgegenkommen.“ (Dr. Christian Wacker, ehemaliger Geschäftsführer von Karl-May-Museum und -Stiftung)
Wer sitzt im Kuratorium und wie schätzen seine Mitglieder die derzeitige Situation, eine der schwersten Krisen der Stiftung, ein? Um dies herauszufinden, schrieben verschiedene KARL MAY & Co.-Autoren in den letzten Tagen alle auf www.karl-may-museum.de aufgelisteten Kuratoren an – mit zwei Ausnahmen: René Wagner, der nach Informationen von KARL MAY & Co. nach der Berufung zum Interimsgeschäftsführer des Karl-May-Museums sein Kuratorenamt derzeit offenbar ruhen lässt, und Marco Wanderwitz. Wanderwitz, prominenter Bundespolitiker der CDU, hatte bereits wenige Tage zuvor eine Interview-Anfrage von KARL MAY & Co. abgelehnt und auf die Notwendigkeit interner Kommunikation verwiesen. Doch Wanderwitz schuf zwischenzeitlich Tatsachen: Am vergangenen Wochenende trat er aus dem Kuratorium der Karl-May-Stiftung aus. Gründe nannte Wanderwitz auf Rückfrage von KARL MAY & Co. nicht. Offenbar war er der Spannungen überdrüssig – oder es war ihm als Bundespolitiker und Ostbeauftragter der Bundesregierung, der sich jüngst selbst abermals klar gegen Geschichtsvergessenheit aussprach und zudem im Rat der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur sitzt, zu heikel geworden, indirekt einen Museumsdirektor mit Stasi-Vergangenheit zu dulden und mit ihm im Kuratorium zu sitzen bzw. gesessen zu haben.
KARL MAY & Co. wandte sich auch deshalb an die einzelnen Kuratoren, um Klarheit zu schaffen und ihnen die Möglichkeit zu geben, zwei der Vorwürfe der vergangenen Wochen – fehlende Transparenz und mangelnde Kommunikation – zu entkräften. Die Redaktion von KARL MAY & Co. interessierte darüber hinaus, wie die einzelnen Mitglieder des Gremiums einerseits zu Karl May, andererseits zur Stiftung gekommen sind.
Doch von der Bereitschaft, in einen Dialog zu treten, ist man im (übrigens ausschließlich aus Männern bestehenden) Kuratorium der Karl-May-Stiftung zum jetzigen Zeitpunkt weit entfernt – allerdings gibt es zwei Ausnahmen, auf die wir noch eingehen werden.
Widmen wir uns zunächst den einzelnen Kuratoren:
Präsident des Kuratoriums ist Dr. Robert Straßer, Anwalt in der Münchner Kanzlei Straßer Ventroni Deubzer Freytag & Jäger. In dieser Funktion berät er laut der Website der Hamburg Media School, für die er als Dozent tätig ist, „Medienunternehmen, Filmproduzenten, Banken und Investmentfonds insbesondere in Fragen der Vertragsgestaltung und internationalen Projektfinanzierung“. Auf die Anfrage von KARL MAY & Co. reagierte Straßer nun mit dem Hinweis auf die Bitte „um Verständnis dafür, dass ich vor der Kuratoriumssitzung, die am 27.06.2020 stattfinden wird, keine öffentlichen Stellungnahmen abgeben will“. Der Sächsischen Zeitung allerdings hatte Straßer kürzlich durchaus im Vorfeld der Kuratoriumssitzung ein ausführliches Interview gegeben, in dem der „Karl-May-Freund“ unter anderem unterstrich, „dass die Kommunikation zwischen Stiftungsvorstand, Kuratorium und Personal im Museum nicht optimal gelaufen ist. Das muss verbessert werden. Wir müssen miteinander reden“. Straßers Verbindungen zur Karl-May-Stiftung reichen bis in die 1990er-Jahre zurück. So war Straßer es, der die Stiftung bereits 1995 in Verhandlungen mit dem Karl-May-Verlag vertrat, der sich gegen die Bezeichnung „Verlag der Karl-May-Stiftung“ erfolgreich zur Wehr gesetzt hatte.
„Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich vor der Kuratoriumssitzung, die am 27.06.2020 stattfinden wird, keine öffentlichen Stellungnahmen abgeben will.“ (Dr. Robert Straßer, Präsident des Kuratoriums der Karl-May-Stiftung)
Straßers Stellvertreter ist Dr. Volkmar Kunze, Radebeuls Oberbürgermeister von 1994 bis 2001 und ehemaliges Vorstandsmitglied der Karl-May-Stiftung, das vor einigen Jahren aus dem Vorstand ins Kuratorium wechselte. Vorausgegangen war die Kündigung René Wagners als Museumsdirektor, die Kunze zusammen mit seinem damaligen Vorstandskollegen Dr. Udo Franke beschlossen hatte. Der Kommunalpolitiker (FDP) Kunze war 2001 als Oberbürgermeister von Radebeul abgewählt worden. Er erlitt auch an einer seiner folgenden Wirkungsstätten, als Oberbürgermeister von Zeitz (Sachsen-Anhalt), eine Wahlniederlage und schied dort 2016 aus. Zwischenzeitlich war er unter einem SPD-Oberbürgermeister Bürgermeister in der Lutherstadt Wittenberg. Derzeit ist Kunze laut der Zeitung „Volksstimme“ wegen Untreue in mehreren Fällen angeklagt. Kunze bestreitet laut der Zeitung die Vorwürfe, die seine Zeit als OB von Zeitz betreffen, der Prozess wurde Mitte Januar eröffnet. Volkmar Kunze ließ KARL MAY & Co. auf die Anfrage hin wissen: „Auf Grund meiner gegenwärtig internen co-moderierenden Funktion innerhalb des Kuratoriums zur satzungskonformen Sachaufklärung halte ich es nicht für geboten, vor der Kuratoriumssitzung am 27.06.2020 zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen Stellung zu nehmen und bitte dafür um Verständnis“.
Dem Kuratorium gehört auch Ekkehard Bartsch an, Karl-May-Experte und -Forscher sowie Gründungs- und Ehrenmitglied der Karl-May-Gesellschaft, der als Antiquar seit Jahrzehnten zahlreichen Besuchern der Karl-May-Spiele Bad Segeberg in seinem „Karl-May-Center“ am Rande des Freilichttheaters am Kalkberg Karl May näher bringt. Bartsch veröffentlichte zahlreiche Artikel zu Karl Mays Leben und Werk – auch in KARL MAY & Co. – und wird über die Karl-May-Szene hinaus geachtet. Er kam 2008 nach dem Tod Hans Wollschlägers als dessen Nachfolger ins Kuratorium der Stiftung. Zur aktuellen Debatte um Stiftung und Museum möchte sich Ekkehard Bartsch nicht vor der Sitzung am 27. Juni öffentlich äußern.
Ein weiteres Kuratoriumsmitglied ist Thomas Grafenberg, der wie Volkmar Kunze vor einigen Jahren aus dem Vorstand der Stiftung ins Kuratorium gewechselt war. Der Wechsel fand 2014 nach der Entlassung von René Wagner als Museumsdirektor und Geschäftsführer von Stiftung und Museum statt. Grafenberg war Teil des Vorstandes, grenzte sich seinerzeit aber von einem Teil seiner Vorstandskollegen ab, indem er nach der Kündigung Wagners an die Presse ging, so zitierte ihn die Bild-Zeitung mit den Worten: „Ein Skandal! Ich besitze Dokumente, die Franke und Kunze in die Nähe krimineller Machenschaften rücken. Beide gehören gefeuert.“ Grafenberg ist wie René Wagner Vertrauter von Ralf Harder, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Stiftungvorstandes. Die drei sind freundschaftlich miteinander verbunden, was sich auch in der Gründung und Herausgabe des Museumsmagazins „Der Beobachter an der Elbe“ (2003–2019) niederschlug. Zuvor hatte Grafenberg jahrelang am Magazin KARL MAY & Co. mitgewirkt: als Autor unter dem Pseudonym „Tom McCloud“ mit der Kolumne „May & Co. Geflüster“ (1998–2003) ebenso wie als Co-Moderator einer Veranstaltung („KARL MAY & Co. Late Night Show“ 1999 in Radebeul). Er verabschiedete sich 2003 unter Protest, da er der Ansicht war, einer seiner letzten Kolumnentexte (in Heft 93, September 2003) sei von Mitarbeitern des Magazins sinnentstellend bearbeitet worden, um nur kurze Zeit später im Team des „Beobachter an der Elbe“ wieder aufzutauchen. 2011 bewarb sich Grafenberg, der einige Jahre auch „Winnetouren“ in die USA organisierte, als Geschäftsführer der Karl-May-Gesellschaft und unterlag seinem Mitbewerber Ulf Debelius. Zu Beginn der 2000er-Jahre hatte Grafenberg, der einst eine Lehre zum Heizungs- und Lüftungsbauer und später ein Mathematikstudium absolvierte, bereits den Job als Geschäftsführer des Fördervereins des Karl-May-Museums Radebeul übernommen. Thomas Grafenberg beantwortete die Anfrage von KARL MAY & Co. zur Karl-May-Stiftung nicht.
Dr. Henry Hasenpflug war von 2010 bis 2014 Staatssekretär im Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst und zuvor, von 2001 bis 2010, Regierungspräsident bzw. Präsident der Landesdirektion des Direktionsbezirkes Dresden. Auch der 71-jährige Parteilose, der sich im Rahmen seiner Positionen immer wieder mit dem Karl-May-Museum befasste, zog es vor, auf die Anfrage von KARL MAY & Co. nicht zu reagieren.
Erich Homilius ist Vorsitzender des Fördervereins des Karl-May-Hauses Hohenstein-Ernstthal, Silberbüchse e.V., und war von 1994 bis 2012 Oberbürgermeister der Karl-May-Geburtsstadt. Der Politiker war 1994 als Kandidat von Bündnis 90/Die Grünen angetreten, hatte die Partei 1999 allerdings wieder verlassen, um im Anschluss zunächst als Parteiloser, dann als Kandidat einer freien Wählervereinigung anzutreten. Heute sitzt er für die CDU im Kreistag des Landkreises Zwickau. Auch bei Homilius: großes Schweigen, nicht einmal eine Absage.
Ingwert Paulsen ist Inhaber und Geschäftsführer der Husum Druck- und Verlagsgesellschaft mbH u. Co. KG (Verlagsgruppe Husum), die in ihrem Hansa Verlag seit 1970 das Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft herausbringt. Paulsen nahm ab Ende der 1990er-Jahre die beiden DDR-Verlage Verlag der Nation und Verlag der Kunst in die Verlagsgruppe auf, in ersterem erschien 2007 der von Johannes Zeilinger herausgegebene Sammelband „Karl May in Berlin“. Im Hamburger Lesehefte Verlag der Verlagsgruppe erschienen darüber hinaus mit „Winnetou I“ und „Die Sklavenkarawane“ auch zwei May-Titel, die damit den bereits seit vielen Jahren vorliegenden Band „Im wilden Westen“ ergänzten. Auch Paulsen reagierte auf die Anfrage von KARL MAY & Co. nicht.
Joachim Sacher ist Geschäftsführer der Dresdner Gerburg Grundstücks- und Hausverwaltungs GmbH. Sacher hat allerdings auch eine Karriere als Politiker hinter sich: So wurde er im Mai 1989, also noch zu DDR-Zeiten, Dresdens Stadtrat für Kultur. Die Ergebnisse der damaligen Dresdner Kommunalwahl wurden gefälscht, der Wahlbetrug konnte nachgewiesen werden und wurde nach der Wende von Dresdens früheren Oberbürgermeister Wolfgang Berghofer eingeräumt. Durch die gefälschte Wahl kam Joachim Sacher allerdings ins Amt. Das Buch „Kunst im Korridor – Private Galerien in der DDR zwischen Autonomie und Illegalität“ zeigt auf, dass sich die Stasi von Sacher als neuen Kulturstadtrat ein härteres Vorgehen gegen frei und progressiv handelnde Galerien versprach: So unterband der Vorgänger Sachers, Karl-Heinz Seltmann, aus Stasi-Sicht die freie Ausstellungstätigkeit einer im Visier des MfS stehenden Dresdner Galerie nicht, wie in dem Buch der Autorin Yvonne Fiedler beschrieben wird, in dem es heißt: „Abhilfe versprach sich die Staatssicherheit jedoch von einem Amtswechsel: ‚Mit dem Einsatz des Genossen Joachim Sacher als Stadtrat für Kultur haben sich die diesbezüglichen Möglichkeiten positiv im Sinne der operativen Aufgabenstellung verändert.‘ [so ein Zitat aus einem Stasi-Zwischenbericht]“.
Sacher taucht auch in dem Buch „Auf der Spur der Stasi-Millionen. Die Wien-Connection“ von Andreas Förster auf. Demnach sei die Firma Gerburg, die übrigens bis heute für die Karl-May-Stiftung tätig ist, 1991 von Joachim Sacher zusammen mit zwei hochrangigen Stasi-Funktionären, Ralf Richter und Jürgen Konavec, gegründet worden. Konavec brachte sich laut Förster mit einer 48-pozentigen Beteiligung seiner umstrittenen Firma „Topik Gesellschaft für internationale Anlagen GmbH“ ein, die Ende 1991 das Ingenieurbüro Schnittholz in Dresden kaufte, das später in „TIA Projektmanagement und Außenhandels GmbH“ umbenannt wurde. „Ein ganz besonderer Coup, denn diesem Unternehmen gehört das Grundstück Baumstraße 9–13 in Dresden, in das in der Folgezeit viele von Stasi-Offizieren gegründete Firmen einziehen“, so heißt es in Försters Buch. Auch die Anschrift der Firma Gerburg von Karl-May-Stiftungskurator Joachim Sauer lautete vorübergehend Baumstraße 9 bis 13.
Sacher gehört zu den Kuratoriumsmitgliedern, die es vorziehen, die Anfrage von KARL MAY & Co. nicht zu beantworten.
Philipp Schall ist Medienproduzent und Geschäftsführer mehrerer Münchner Unternehmen der Tellux-Gruppe. Zu der Firmengruppe gehören auch Tellux next München GmbH (Geschäftsführer: Philipp Schall) und die Tellux-Film GmbH Dresden. Beide Gesellschaften produzierten 2016 gemeinsam den Imagefilm für das Karl-May-Museum. Schalls Kuratoriumszugehörigkeit, die erst seit wenigen Jahren besteht, dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit auf Schalls persönliche Verbundenheit mit dem ebenfalls in München ansässigen Kuratoriumspräsidenten Dr. Straßer zurückzuführen sein, der sich seinerzeit für Schalls Wahl eingesetzt haben dürfte. Philipp Schall co-produzierte 2019 unter anderem den Fernsehfilm „PLAY“, der jüngst für einen Grimme-Preis nominiert wurde. Soeben kündigte Schalls Tellux-Film München GmbH, dessen Geschäftsführer er ebenfalls ist, an, das Buch „Angela Merkel ist Hitlers Tochter“ als Serie zu verfilmen. „Mit den aktuellen Protesten rund um die Einschränkungen in der Corona-Krise dringen die Strukturen und die Aussagen der so genannten Verschwörungstheoretiker weiter nach außen. Wir wollen mit dem Medium Film die relevanten Hintergründe dazu aufzeigen und so möglichst viele Menschen aufrütteln“, gab Schall bekannt, der als Tellux-Geschäftsführer immer wieder Interviews gibt, aber auf die Anfrage von KARL MAY & Co. nicht reagierte.
Karsten Wagner ist Steuerberater in Dresden. Er arbeitet für Karl-May-Museum und -Stiftung bereits seit mehreren Jahren im Rahmen seines Tätigkeitsbereiches, so auch im Geschäftsjahr 2011 bei einer umfassenden Betriebsprüfung für den Zeitraum 2005 bis 2007. Karsten Wagner schweigt beharrlich.
Prof. em. Dr. Helmut G. Walther ist Historiker und war von 1993 bis zur Emeritierung 2009 Lehrstuhlinhaber für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Jena. Eigentlich könnte man meinen, dass Transparenz und wissenschaftliche Arbeit miteinander einher gingen. Doch auch Walther ist an einem Dialog nicht interessiert: keine Reaktion.
„Das Kuratorium vertritt die ‚Sache Karl Mays‘ einheitlich und mit einer Stimme. Der Wille der Erblasser kann nur mit einer einzigen Stimme formuliert werden. Deshalb ist es Aufgabe des Kuratoriums, sich intern auf einen einheitlichen Standpunkt zu verständigen. Es wäre keineswegs hilfreich, mit einem vielstimmigen Chor an die Öffentlichkeit zu treten.“ (Michael Petzel, Geschäftsführer des Karl-May-Archivs und Mitglied des Kuratoriums der Karl-May-Stiftung)
Kurator Michael Petzel, Geschäftsführer des Karl-May-Archivs und pensionierter Gymnasiallehrer, der in der Karl-May-Szene seit vielen Jahren durch zahlreiche Veröffentlichungen im Bereich Karl May im Film bekannt ist – wiederholt auch in KARL MAY & Co. –, bricht dann allerdings das Schweigen, verweist in seiner Antwort auf die grundsätzliche Konzeption und die Geschichte der Karl-May-Stiftung und klärt auf: „Das Kuratorium vertritt die ‚Sache Karl Mays‘ einheitlich und mit einer Stimme. Der Wille der Erblasser kann nur mit einer einzigen Stimme formuliert werden. Deshalb ist es Aufgabe des Kuratoriums, sich intern auf einen einheitlichen Standpunkt zu verständigen. Es wäre keineswegs hilfreich, mit einem vielstimmigen Chor an die Öffentlichkeit zu treten. Davon, dass intern um manche Entscheidung intensiv gerungen wird, kann man nach aller Lebenserfahrung ausgehen. Bisher hat sich das Kuratorium öffentlich allerdings stets in größter Einmütigkeit geäußert. Dies ist für die Sache Karl Mays meiner Meinung nach nur von Vorteil“, so Petzel, der zur Zukunft der Stiftung sagt: „Dass eine Stiftung auch durch schwierige Phasen gehen kann, ist für Karl-May-Freunde eine Binsenwahrheit. Wer sich nur ein wenig mit der Geschichte der Karl-May-Stiftung in den wechselnden politischen Systemen beschäftigt hat, weiß, dass es geradezu existenzbedrohende Zeiten gab. Der ‚letzte Wille‘ der Stifter ist allerdings per definitionem auf Dauer und geradezu auf Unendlichkeit angelegt. Dies gilt auch für die Karl-May-Stiftung.“ (Lesen Sie am Ende dieses Beitrags die vollständige Stellungnahme Michael Petzels, die er mit „Gegenwart und Zukunft der Karl-May-Stiftung“ überschrieben hat.)
Und noch einer reagiert auf die Anfrage von KARL MAY & Co.: Dr. Florian Schleburg, seit vergangenem Jahr Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft und seitdem als Nachfolger Dr. Johannes Zeilingers Mitglied im Stiftungskuratorium. Der Akademische Oberrat an der Universität Regensburg meint: „Als frisch hinzugetretenes Mitglied habe ich die Akteure und Abläufe der Institution erst durch den Crashkurs (im doppelten Sinn) der letzten Wochen ein wenig näher kennengelernt.“ Für ihn habe oberste Priorität, „das Karl-May-Museum mit seinen hochmotivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch diese überaus schwierige Saison zu retten“. Dies allerdings werde nur gelingen, wenn ein zeitgemäßer Leitungsstil und eine zivilisierte Kommunikationskultur in der Stiftung etabliert werden könne, so Schleburg. „Dann gilt es, das Museum durch ein professionelles Gesamtkonzept zukunftsfähig zu machen: als einen Ort lebendiger Diskussion, der Karl May in seiner ganzen reizvollen Komplexität vermittelt. Und ja: ich halte es nach der jüngsten Blamage für geboten, dass der Neubeginn auch in der personellen Zusammensetzung des Stiftungsvorstands sichtbar wird.“
„Es gilt, das Museum durch ein professionelles Gesamtkonzept zukunftsfähig zu machen: als einen Ort lebendiger Diskussion, der Karl May in seiner ganzen reizvollen Komplexität vermittelt. Und ja: ich halte es nach der jüngsten Blamage für geboten, dass der Neubeginn auch in der personellen Zusammensetzung des Stiftungsvorstands sichtbar wird.“ (Dr. Florian Schleburg, Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft und Mitglied im Kuratorium der Karl-May-Stiftung)
Schleburg, der soeben Band 95 der Gesammelten Werke Karl Mays „Briefwechsel mit seinen ‚Kindern‘ I“ im Karl-May-Verlag mit herausgab, betont zudem, dass er es sehr begrüßt hätte, „wenn mehr von meinen Kollegen aus dem Kuratorium bereit gewesen wären, auf die Anfrage von KARL MAY & Co. hin aus dem Schutz des Kollektivs herauszutreten und Gesicht zu zeigen. Die Karl-May-Öffentlichkeit mit ihrer Sachkenntnis und ihrer Treue hat ein berechtigtes Interesse an den Personen, die für die Zukunft des May’schen Erbes verantwortlich sind, und ihrer Einstellung zur aktuellen Situation. Ich weiß nicht, wovor einige der Herren sich fürchten – dies wäre doch eine Chance gewesen, den Vorwurf der Intransparenz und Trägheit, der ja im Raume steht, durch ein paar persönliche Worte zu entkräften.“
Update 16.6.2020: Der obenstehende Beitrag wurde bei den Herren Straßer, Paulsen und Grafenberg um Details ihrer bisherigen Tätigkeiten erweitert.
Gegenwart und Zukunft der Karl-May-Stiftung
Stellungnahme von Michael Petzel, Mitglied des Kuratoriums der Karl-May-Stiftung, auf die Anfrage von KARL MAY & Co.
„Die gemeinnützige Karl-May-Stiftung verdankt ihre Entstehung unmittelbar zwei Verfügungen von Karl und Klara May über ihren Nachlass. Die Stiftung spiegelt also „physisch“ den letzten Willen Karl und Klara Mays. Das erklärt, warum man das Aufsichtsorgan einer Stiftung nicht, wie bisweilen vorgeschlagen, mittels eines repräsentativen Wahlakts besetzen kann: Ein Wahlvolk (wer sollte das eigentlich bilden?) kann nicht „demokratisch“ über den letzten Willen eines Erblassers bestimmen. Es kann passieren, dass in einem totalitären politischen System dieser letzte Wille ausgehebelt oder ignoriert wird; dagegen ist es unbedingtes Ziel einer Stiftung, den originären Willen der Erblasser wachzuhalten und zu realisieren. Dieser letzte Wille ist per se nicht demokratisch abstimmungsfähig, sondern nur durch gewissenhafte „Einfühlung“ der Nachgeborenen ermittelbar. Aus diesem Grund sind Stiftungen in Deutschland, aber auch im Ausland, „selbsterhaltend“ organisiert: Das Kuratorium beruft Einzelpersonen als Mitglieder, die es für fähig und würdig erachtet, den Willen Karl und Klara Mays in angemessener Weise durchzusetzen.
Bedeutsam ist, dass Einzelpersönlichkeiten gewählt werden. Man kommt also nicht als „Vertreter“ etwa einer Staatsregierung, einer Kommune oder einer Karl-May-Vereinigung ins Kuratorium. Es geht nicht darum, die Interessen einer speziellen Körperschaft oder Institution zu vertreten, sondern es kommt einzig auf die Eignung der Persönlichkeit an und ihre Bereitschaft, sich strikt an dem letzten Willen Karl und Klara Mays zu orientieren (eine unabhängige Forschung wird dadurch übrigens in keiner Weise ausgeschlossen). Die Stiftung agiert also „aus sich selbst“ heraus. Darüber, ob das Kuratorium immer die richtigen Persönlichkeiten auswählt, kann man natürlich mit Fug und Recht streiten. Das wird immer so sein, ich sehe aber grundsätzlich keinen besseren und freiheitlicheren Weg, um dem letzten Willen der Stifter Rechnung zu tragen.
Aus dieser grundsätzlichen Konzeption einer Stiftung heraus wird auch deutlich, warum die Frage nach der „Meinung“ und „Einstellung“ einzelner Kuratoriumsmitglieder an der Sache vorbei geht. Das Kuratorium vertritt die „Sache Karl Mays“ einheitlich und mit einer Stimme. Der Wille der Erblasser kann nur mit einer einzigen Stimme formuliert werden. Deshalb ist es Aufgabe des Kuratoriums, sich intern auf einen einheitlichen Standpunkt zu verständigen. Es wäre keineswegs hilfreich, mit einem vielstimmigen Chor an die Öffentlichkeit zu treten. Davon, dass intern um manche Entscheidung intensiv gerungen wird, kann man nach aller Lebenserfahrung ausgehen. Bisher hat sich das Kuratorium öffentlich allerdings stets in größter Einmütigkeit geäußert. Dies ist für die Sache Karl Mays meiner Meinung nach nur von Vorteil.
Was die Zukunft der Karl-May-Stiftung anbelangt: Dass eine Stiftung auch durch schwierige Phasen gehen kann, ist für Karl-May-Freunde eine Binsenwahrheit. Wer sich nur ein wenig mit der Geschichte der Karl-May-Stiftung in den wechselnden politischen Systemen beschäftigt hat, weiß, dass es geradezu existenzbedrohende Zeiten gab. Der „letzte Wille“ der Stifter ist allerdings per definitionem auf Dauer und geradezu auf Unendlichkeit angelegt. Dies gilt auch für die Karl-May-Stiftung.“