Am kommenden Samstag beginnt die neue Spielzeit in Elspe mit „Winnetou und das Halbblut – Ein Kampf auf Leben und Tod“. Das Stück war zuletzt 2011 im Programm. Die Geschichte eines getriebenen Mannes zwischen zwei Kulturen gewinnt bemerkenswerte Aktualität.
Am Samstag hat das Warten ein Ende, dann startet auch in Elspe die Spielzeit 2024 mit „Winnetou und das Halbblut – Ein Kampf auf Leben und Tod“. Waren die Sauerländer in früheren Jahren sehr oft die ersten, liegen sie damit zeitlich hinter Rathen, Twisteden und Bischofswerda. Eine Reihenfolge in Sachen Qualität ist das aber ausdrücklich nicht.
Am Mittwoch gab es erste Einblicke in die neue Inszenierung, die erste dieses Stückes seit 2011. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Ik Senanda (Jonathan E. Weiske), Sohn des gerade verstorbenen Komantschenhäuptlings „Schwarzer Mustang“ und einer weißen Frau, dem das Schicksal nicht nur beschert hat, ein „Halbblut“ zu sein, er steht auch sonst in jeder Hinsicht zwischen allen Fronten.
Weil er anfangs versucht, den Vorschlag Winnetous zu einem neuen Frieden mit den Weißen zu unterstützen, wird er mit seiner Mutter Anizo aus den Zelten der Komantschen vertrieben.
Beim Volk der Frau, die 40 Jahre lang freiwillig bei den Natives gelebt hat, wartet auch überwiegend nur Misstrauen und Ablehnung. Unter falschem Namen schließt sich der junge Mann den Eisenbahnern im Firwood-Camp an und verbündet sich mit den Soldaten des nahen Forts, indem er ihnen von einem Goldschatz namens „Bonanza of Hoaka“ erzählt.
Doch als die Soldaten den Komantschen folgen und ihr Lager überfallen, werden sie dank Winnetou und Old Shatterhand zurück in ihr Fort getrieben. Ik Senanda erkennt seine Fehler die er aus Eifersucht und Eitelkeit begangen hat. Er stiehlt Dynamit im Firwood-Camp und der Kampf auf Leben und Tod beginnt.
Das alles verspricht wieder eine spannende Geschichte, die seit 13 Jahren nicht mehr auf der Elsper Bühne zu sehen war und nun von Regisseur Marco Kühne auch noch hier und da mit eigener Handschrift versehen wurde. Obwohl Kühne das Buch seines Vaters Jochen Bludau weiterhin als Grundlage nimmt – es wurde erstmalig vor genau 50 Jahren mit dem legendären Meinolf Pape in der Titelrolle gespielt – hat er doch an den Stunts und Effekten gefeilt, Kostüme verändert und auch an den Szenen gearbeitet.
Was dennoch sofort auffällt: Für ein Stück aus dem Jahr 1974 ist die Handlung fast erschreckend aktuell. Damals dürfte Jochen Bludau unter anderem von den nicht lange zurückliegenden Ereignissen rund um Wounded Knee noch einmal auf die andauernden Probleme der Indianer aufmerksam geworden sein. Heute trifft vieles aus anderen Gründen ziemlich ins Schwarze.
Die Komantschen nutzen die Gelegenheit von Ik Senandas „Versagen“ bei der Friedenskonferenz, ihn aus dem Stamm zu entfernen. Nie wieder solle der Stamm von einem Halbblut geführt werden, verkündet der neue Häuptling Kita Homascha (Tim Forssman), der sich nach Krieg gegen die verhassten Weißen sehnt.
Der junge Mann versucht, seine Mutter ins Fort zu bringen, wo die beiden aber auf üble Weise abgewiesen werden. „Man muss doch nicht jedes Gesindel aufnehmen“, wirft ihnen General Bentler vor, der vornehmliche Antagonist des Stücks, wieder einmal vom Lieblingsschurken der Fans Sebastian Kolb gespielt. Mutter Anizo (Tina Mester) wird als „Hure“ und „Indianerschlampe“ beschimpft. Bei einem solchen Anblick im Fort müsse er ja „ständig kotzen“, ätzt der General. Später findet Anizo auch im Firwood Camp, dem Dorf der Weißen, keine wirklich herzliche Aufnahme.
Geplant sei das in dem Sinne nicht gewesen, als die Entscheidung fiel, das Stück nach langer Zeit wieder aus der Schublade zu holen. Dort hatte Jochen Bludau es nach dem Bühnenabschied Meinolf Papes abgelegt, weil der für ihn zu sehr mit Geschichte und Titelfigur verbunden war. Jetzt passt es bestens in die Zeit. „Ich bin froh, dass wir es gemacht haben“, betont der junge Regisseur.
Zur Erinnerung: „Halbblut“ ist jenes Buch im Elspe-Kanon, das fast gar keinen Bezug zur Buchvorlage hat. Jochen Bludau verwendete nur einige Namen aus der ursprünglichen „Kamerad“-Geschichte „Der schwarze Mustang“, die später unter dem Titel „Halbblut“ Eingang in die Gesammelten Werke fand. Als es 2011 zuletzt gespielt wurde, hieß der Elsper Winnetou noch Benny Armbruster und verkörperte Jean-Marc Birkholz in seiner vierten Saison am Rübenkamp den Old Shatterhand.
Marco Kühne hat für den Sommer 2024 neben den genannten Akteuren weitere bekannte Namen und Gesichter verpflichtet. Neben den gesetzten Blutsbrüdern Jean-Marc Birkholz (Winnetou) und Martin Krah (Old Shatterhand) kehrt auch Matthias Schlüter als Sam Hawkens zurück. James Bürkner ist diesmal als Captain Smith die rechte Hand von General Bentler.
In der Rolle trägt Sebastian Kolb eine helle Wildlederjacke und einen Bart wie einst General Custer, was beim einen oder anderen sofort düstere Assoziationen wecken kann.
Für den komischen Teil sind Markus Lürick als Lord Castlepool – spielt das eigentich vor dem „Silbersee“? – und Elspe-Neuling Oliver Fleischer als ewig betrunkener Sheriff Barker zuständig. Stephan Kieper verkörpert den „Obereisenbahner“ Clifton.
Wie immer wird das Stück von mehreren weiteren Programmen umrahmt. Neben der Stuntshow „4 Fäuste und ein Sheriff“ mit Markus Lürick gibt es die Musicshow „Don‘t Stop Believin“, dargeboten von sechs stimmgewaltigen und spielfreudigen Darstellern der Kammeroper Köln. Schließlich wird noch die Reitershow „Horses On Fire“ präsentiert. Gespielt wird in diesem Jahr vom 22. Juni bis zum 7. September.
Michael Kunz