- Werbung -
- Werbung -
- Werbung -
„Spreche ich das Englische mit einem solchen Akzent, dass Ihr meine Abstammung so genau bestimmen könnt?“, fragt Tante Droll alias Lars Lichtenberger dieser Tage auf der Mörschieder Freilichtbühne den jungen Harry und erntet mit seiner sächselnden Empörung regelmäßig ordentliche Lacher. Erfahrene Karl May-Leser verorten diesen Satz eher aus dem Mund Old Shatterhands, auf den sie aber in dieser aktuellen Inszenierung von „Winnetou II“ verzichten müssen. Unfreiwillig, weil auch diese Saison im Hunsrück von einem Unfall überschattet wird. 
Eine Woche vor der Premiere am 16. Juni stürzte Hans-Joachim Klein unglücklich bei den Reitproben und brach sich gleich sechs Rippen. Er hätte am liebsten trotzdem gespielt. Ging aber nicht. Nach einer schnellen Krisensitzung beschloss Autor und Regisseur Marcel Gillmann: „Ich schreibe ihn raus!“ Das geschah buchstäblich über Nacht, am anderen Morgen bekamen die Kollegen ein alternatives Buch serviert, schüttelten ungläubig den Kopf – und setzten es um. Neben der Szene für Droll/Lichtenberger gingen einige Texte an Winnetou-Darsteller Eric Nisius. Den größten Teil der Dialoge hat Jan Christian Ries übernommen, dessen Old Firehand-Rolle im Stück nun deutlich größer geworden ist. Kein Bild wurde gestrichen. Hier und da ist der Austausch für den Experten spürbar, mit Blick auf die Notsituation aber mehr als akzeptabel gelungen. Die Saison konnte überzeugend gerettet werden, und das Publikum ließ sich etwa auch am Samstag wieder zu stehenden Ovationen nach dem Finale hinreißen. 
Ein Ersatz-Shatterhand sei ganz kurz im Gespräch gewesen, sagt Marcel Gillmann. Aber „Hansi“ Klein sei für die Zuschauer zu sehr mit der Rolle verbunden, die er seit der ersten May-Inszenierung 1992 ununterbrochen in Mörschied spielt. Da könne einfach „niemand anders hingestellt“ werden. Als Eric Nisius vor einem Jahr ähnliches Pech hatte, griffen die Mörschieder kurzerhand auf seinen Vorgänger zurück, Bühnenbegründer Arnd Limpinsel. Wobei der zum Ende der Saison auch noch ausfiel und nach Ansage „durch einen Statisten“ ersetzt wurde, der sich dann als Gillmanns Ehefrau Denise herausstellte, mit „Live-Synchronisation“ durch Eric Nisius. Ein großes Risiko, das sich letztlich bezahlt gemacht habe, sagt der Regisseur, der in diesem Jahr aber keine solchen Experimente machen wollte. Andererseits ist er aber auch sofort bereit, das „alte Buch“ wieder herauszuholen, falls Hans-Joachim Klein wider Erwarten doch noch gesunden sollte. Der genießt den unfreiwilligen ‚Urlaub’ wenig überraschend überhaupt nicht und hat „durchaus daran gedacht“, in der letzten Vorstellung am 22. Juli vielleicht doch noch in den Jagdrock zu schlüpfen. „Sechs Rippen…“, gibt Marcel Gillmann noch einmal in Sachen Genesungszeit zu bedenken, wünscht seinem Kollegen aber natürlich trotzdem alles Gute, „und wenn es nur ein paar Szenen sind, damit er keinen ‚Ausfall’ in der Shatterhand-Karriere hat“, lacht er. 
Wenn nächstes Jahr zum 30-jährigen Bestehen der Bühne der „Ölprinz“ gespielt wird, will Klein auf jeden Fall wieder dabei sein, „wenn sie mich noch haben wollen“. Aber da mit dem Postermotiv schon geworben wird und die Gesichter der Blutsbrüder darauf eindeutig nach Klein und Nisius aussehen, stehe das doch eigentlich auch schon fest, findet er entschlossen. Wobei dieses Jahr andererseits gezeigt hat, dass nichts endgültig planbar ist. „Eine Stunde vor dem Unfall habe ich noch zu mir gesagt, wie schön, dass diesmal bei den Proben alles glatt gelaufen ist“, schüttelt „Old Shatterhand“ nachdenklich den Kopf.