Gelächter herrschte heute Vormittag bei einem Treffen der Mitarbeiter des Karl-May-Museums mit dem Vorstand der Karl-May-Stiftung. Dabei gab es eigentlich wenig zu lachen: Museum und Stiftung stecken in einer Krise, nicht allein wegen der corona-bedingten Schließzeit des Museums unter ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, sondern vor allem wegen Vorwürfen, die nach der Kündigung des bisherigen Museumsdirektors Dr. Christian Wacker laut wurden. Dieser hatte dem Stiftungsvorstand große Missstände vorgeworfen, so sprach er unter anderem von Mobbing, Homophobie und dem Unvermögen, die Grundlagen für die Museumsneugestaltung mit einem Neubau an der Meißner Straße in Radebeul zu schaffen (KARL MAY & Co. berichtete).
Warum also Gelächter? Der Grund war die Präsentation René Wagners als neuen Geschäftsführer des Museums. Wagner, den der Stiftungsvorstand um den Vorsitzenden Bert Wendsche (Oberbürgermeister der Stadt Radebeul) und seinen Stellvertreter Ralf Harder unangekündigt zur eigentlich als Aussprache gedachten Versammlung mitgebracht hatte, wurde mit sofortiger Wirkung als Interimsgeschäftsführer des Museums eingesetzt und Christian Wacker, der eigentlich noch bis Ende des Monats im Amt gewesen wäre, fristlos vor die Tür gesetzt.
Wagner dürfte vom Personal des Museums als weitere Provokation des Vorstandes verstanden worden sein. Immerhin war Wagner selbst Ende 2013 im Streit gekündigt worden. Sein Ruf in der Karl-May-Szene ist durch Stasi-Verstrickungen und den Mangel an kritischem Umgang mit der eigenen Geschichte, also unter anderem genau das, was Wacker der Stiftung vorwarf, angekratzt, zumal Wagner in den vergangenen Jahren mit zweifelhaften Äußerungen auf seinem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil aufgefallen war, die so gar nicht zu den Werten Karl Mays und seiner Stiftung passen wollen.
So konnte die Belegschaft diese Personalentscheidung des Vorstandes nicht ernst nehmen. Mehr noch: Sie lehnt sie geschlossen ab. In einem Schreiben an das Kuratorium der Karl-May-Stiftung sprachen sich die Mitarbeiter des Museums einstimmig gegen Wagner aus: „Was für ein Possenspiel!“, heißt es darin. Und: „Wir erklärten einstimmig, dass es keine Zusammenarbeit mit uns und Herrn Wagner geben kann. Des Weiteren sind wir sehr besorgt um die Außenwirkung, die eine Wiedereinstellung von Herrn Wagner besonders in dieser Krisensituation zur Folge hätte.“ Die Belegschaft stellt zudem die Frage: „Wie kann es sein, dass man uns einen Interimsgeschäftsführer vor die Nase setzt, dem man 2013 unter anderem wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten gekündigt hat?“
Ebenso kritisierte die Belegschaft, dass der Vorstand der Karl-May-Stiftung den bisherigen Direktor Dr. Christian Wacker fristlos gekündigt habe: „Wir wurden also zum wiederholten Mal wissentlich belogen“, lautet der Vorwurf an den Stiftungsvorstand. Darüber hinaus habe der Vorstand in den vergangenen Monaten die Förderschädlichkeit bei der Vorbereitung des Museumsneubaus nicht beseitigt – und „alle uns bewegenden Fragen und Probleme wurden nicht besprochen. Wieder einmal wurde deutlich, dass der Vorstand versucht uns mit Phrasen ruhig zu stellen und kein Interesse für unsere Probleme und Nöte zeigt.“
Derweil ist im Vorstand der Stiftung ein heftiger Streit entbrannt. Der frühere Vorsitzende Thomas Grübner, der den Vorsitz im Verlauf der letzten Wochen niedergelegt hatte und nun ankündigte, aus dem Gremium ausscheiden zu wollen, solidarisierte sich nach Informationen von KARL MAY & Co. mit den Mitarbeitern des Museums. Mehr noch: Er forderte bereits im Vorfeld der heutigen Versammlung den geschlossenen Rücktritt seiner Vorstandskollegen, mit denen die Krise seiner Ansicht nach nicht bewältigt werden könne. Er verlangte einen Schulterschluss mit der Belegschaft, deren Sorgen ernst zu nehmen seien. Aus dem Kuratorium sei Grübner gefragt worden, ob er als Vorstand nicht weitermachen könne. Dies hatte Grübner verneint, betonte aber nun, er könne es sich unter der Voraussetzung, dass Bert Wendsche, Ralf Harder und Klaus Voigt (Rechtsanwalt in Radebeul) aus dem Vorstand ausscheiden, durchaus vorstellen.
Nach Informationen von KARL MAY & Co. wurde dem nun fristlos abberufenen Museumsdirektor Christian Wacker am heutigen Dienstag vom Vorstand der Karl-May-Stiftung eine Unterlassungserklärung vorgelegt, nach der er seine Vorwürfe beispielsweise zu Mobbing und Homophobie nicht wiederholen dürfe. Wacker weigerte sich nach Informationen von KARL MAY & Co. jedoch, die Erklärung zu unterzeichnen.