Selten gab es in der Karl-May-Stiftung Radebeul einen größeren Umbruch als in diesem Jahr. Nach der Kündigung des Museumsdirektors Dr. Christian Wacker, Rücktritten von Mitgliedern des Kuratoriums, dem Austausch fast des gesamten Stiftungsvorstandes sowie der Wahl neuer Kuratoren kommt nun eine gewichtige weitere Personalie hinzu: Der Präsident des Kuratoriums, der Münchner Anwalt Dr. Robert Straßer, hat sich zurückgezogen und ist freiwillig aus der Stiftung ausgeschieden. Mit ihm geht der ebenfalls in München ansässige Medienunternehmer Philipp Schall.

Als nach der Kündigung Wackers, dessen scharfer Kritik an Vorstand und Kuratorium und einigen Kommunikationspannen die Stiftung im Mai dieses Jahres mit erheblichem Gegenwind zu kämpfen hatte, gab Straßer der Sächsischen Zeitung ein ausführliches Interview. Darin sagte er: „Ich muss auch sagen, wenn ich gewusst hätte, dass sich eine derartige Schieflage entwickelt, wäre ich persönlich eingeschritten. Wir werden in Zukunft Wert darauf legen, dass Personen aus dem Kuratorium, die vor Ort sind, und auch ich persönlich Kontakt mit dem Personal halten.“ Und: „Die Tätigkeit von Christian Wacker im Museum war innovativ und museal professionell. Leider Gottes in den letzten Tagen nicht, wie in der Vergangenheit praktiziert, gemeinsam mit allen Gremien nach außen dargestellt. Ich will noch herausfinden, was da genau passiert ist.“

„Die Hintergründe sind im Wesentlichen, dass ich nach 30-jähriger Tätigkeit für die Stiftung erst als anwaltlicher Berater und danach als Kurator und Präsident neuen Personen Platz machen will, um die nun in den letzten Sitzungen klar definierten Aufgaben anzugehen. Ich bin persönlich ein Befürworter personeller Erneuerungen, die in den letzten Sitzungen in Vorstand und Kuratorium begonnen haben.“

Der persönliche Einsatz Straßers für die Stiftung nimmt nun, etwa ein halbes Jahr nach dem Interview, allerdings ein Ende. Nach Informationen von KARL MAY & Co. hat sich Dr. Robert Straßer entschieden, nicht nur das Amt des Kuratoriumspräsidenten nicht wieder zu bekleiden, sondern ganz aus der Stiftung auszuscheiden. „Meine Amtszeit ist mit der letzten Kuratoriumssitzung ausgelaufen und ich habe mich entschlossen, nicht erneut zu kandidieren“, erklärt Straßer im Gespräch mit KARL MAY & Co. „Die Hintergründe sind im Wesentlichen, dass ich nach 30-jähriger Tätigkeit für die Stiftung erst als anwaltlicher Berater und danach als Kurator und Präsident neuen Personen Platz machen will, um die nun in den letzten Sitzungen klar definierten Aufgaben anzugehen. Ich bin persönlich ein Befürworter personeller Erneuerungen, die in den letzten Sitzungen in Vorstand und Kuratorium begonnen haben. Nicht zuletzt bin ich auch als Managing Partner meiner Sozietät sehr stark gefordert und konnte die vor allem in letzter Zeit sehr zeitaufwändige Kuratoriumspräsidiumstätigkeit mit meinen beruflichen Verpflichtungen nur noch schwer in Einklang bringen“, so Straßer weiter.

Damit endet ein langjähriges Engagement für die Karl-May-Stiftung: 2005 kam Straßer ins Kuratorium, seit 2013 war er sein Präsident. Die Verbindungen des promovierten Juristen zur Stiftung reichen allerdings bis in die 1990er-Jahre zurück. So war Straßer es, der die Stiftung bereits 1995 in Verhandlungen mit dem Karl-May-Verlag vertrat, der sich gegen die Bezeichnung „Verlag der Karl-May-Stiftung“ zur Wehr gesetzt und damit Erfolg hatte.

Straßer gelang es später, den mit ihm bekannten Münchner Medienunternehmer Philipp Schall (u.a. Geschäftsführer der Tellux next München GmbH) ins Kuratorium zu holen. Auch Schall hat sich nun entschieden, aus der Stiftung auszuscheiden.

Demnach läuft derzeit die Suche nach einem neuen Präsidenten des Kuratoriums, während übergangsweise der bisherige Stellvertreter Straßers, Thomas Grafenberg, als Kuratoriumspräsident fungiert. Als Kurator wiedergewählt wurde indes Michael Petzel, Geschäftsführer des Göttinger Karl-May-Archivs und KARL MAY & Co.-Autor.

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Karl-May-Stiftung und Karl-May-Museum widmet sich ein ausführliches Interview, das Mitglieder des KARL MAY & Co.-Teams jüngst im Rahmen einer Videoschalte mit dem Duo Dr. Volkmar Kunze (Geschäftsführer des Karl-May-Museums und Vorstandsvorsitzender der Karl-May-Stiftung) und Robin Leipold (Wissenschaftlicher Direktor des Karl-May-Museums und ehrenamtlicher Geschäftsführer der Karl-May-Stiftung) führten. Der Beitrag wird in der nächsten Ausgabe von KARL MAY & Co. (Februar 2021) erscheinen.