Die einschneidenden Veränderungen und beispiellosen Vorgänge im Karl-May-Museum Radebeul haben deutschlandweit für Aufsehen gesorgt (KARL MAY & Co. berichtete). Der Museumsdirektor Christian Wacker hatte seine Kündigung mit scharfer Kritik am Vorstand der Karl-May-Stiftung verbunden und forderte grundlegende Reformen. Die  Belegschaft des Museums stellte sich mit einer Erklärung geschlossen hinter ihren bisherigen Chef, entzog dem Stiftungsvorstand das Vertrauen und forderte eine Neubesetzung des Vorstandes. Nun werden immer mehr Stimmen in der Karl-May-Szene laut.
So versandte der Vorstand des Fördervereins des Karl-May-Museums am gestrigen Abend eine Pressemitteilung, der sich eine weitere klare Positionierung entnehmen lässt: Man unterstützt Christian Wacker und die Belegschaft und schließt sich deren Forderung nach weitreichenden Reformen an. Es sind deutliche Worte, mit denen der Vorstand des Vereins an die Öffentlichkeit geht: „Wir bedauern die Kündigung von Dr. Christian Wacker, haben zugleich Verständnis für seinen Schritt (…). Wir sind dankbar, dass er seine Entscheidung offiziell begründet hat. Das gibt endlich Einblicke in die Arbeitsweise des Stiftungsvorstandes, die wir als Förderverein bisher leider nicht hatten“, schreibt der Vorstand, der durch den Vorsitzenden René Grießbach und seinen Stellvertreter Hans Grunert (selbst jahrelang Kustos des Museums) vertreten wird.
„Es ist schädigend für das Museum und für den Förderverein, dass (…) keine Kontinuität in der Museumsarbeit besteht. In den letzten 6 Jahren ist es nun zum dritten(!) Mal geschehen, dass der Leiter des Museums für seine Person die Reißleine rechtzeitig zieht oder plötzlich kommentarlos gekündigt wird (was auch jedesmal mit immensen Kosten für das Museum verbunden war, die sicherlich besser verwendet werden konnten). Karl May Stiftung, Vorstand und Kuratorium, müssen sich fragen, ob sie dem Zweck der Stiftung noch gerecht werden oder vorhaben, das Museum mit weiteren gerichtlichen Prozessen in den Ruin zu führen“, schreibt der Vorstand.
Der Vereinsvorstand geht noch ein großes Stück weiter, indem er neben der Abwahl des derzeitigen Stiftungsvorstandes weitreichende Konsequenzen fordert und dies mit dem Appell an die Mitglieder des Kuratoriums der Stiftung verbindet, hierfür die Grundlage zu schaffen. Im Stiftungsvorstand sitzen unter anderem Ralf Harder (stellvertretender Vorsitzender), Bert Wendsche, Oberbürgermeister von Radebeul, und Klaus Voigt. Die Vorsitzenden Werner Schul und sein Nachfolger Thomas Grübner legten ihre Posten als Vorsitzende im Verlauf der letzten Monate nieder.
„Es wird höchste Zeit, dass endlich im Stiftungskuratorium Konsequenzen gezogen werden und der gesamte Restvorstand im Interesse eines notwendigen Neustarts abgewählt wird“, heißt es in der Pressemitteilung des Vereinsvorstandes.
Denn das Kuratorium hat laut Satzung der Stiftung unter anderem die Aufgabe, den Vorstand zu wählen (oder eben abzuwählen) und dessen Geschäftsführung zu beaufsichtigen. Der Vorstand wiederum hat die Aufgabe, die Stiftung und ihr Vermögen nach Maßgabe dieser Satzung zu verwalten und ist dem Kuratorium zur Berichterstattung über die Tätigkeit der Stiftung und zur Rechnungslegung verpflichtet. Nur das Kuratorium kann den Vorstand entlasten. In der Pressemitteilung heißt es weiterhin: „Wir hoffen, (…) das Kuratorium denkt endlich einmal über Konsequenzen nach und nickt nicht nur fleißig alle Entscheidungen seines Vorstandes ab.“
Der Förderverein des Museums wolle laut Pressemitteilung außerdem „darüber nachdenken, Konsequenzen zu ziehen und in der nächsten Mitgliederversammlung anregen, Personen, welche dem Museum derartigen Schaden zufügen, aus dem Verein auszuschließen – hier kann gern über eine freiwillige Kündigung nachgedacht werden!“.
Das Kuratorium der Karl-May-Stiftung besteht derzeit aus 15 Personen. Laut Satzung seien „Voraussetzungen (…) persönliche Integrität sowie Sach- und Fachkompetenz bezüglich der Stiftungsaufgaben“. Aktuell zählen die folgenden Personen zum Kreis der Kuratoren, die darüber entscheiden werden, ob der Stiftungsvorstand mit Konsequenzen rechnen muss:

  • Dr. Robert Straßer (Präsident, Anwalt in München),

  • Dr. Volkmar Kunze (Vizepräsident, ehemaliger Oberbürgermeister von Radebeul und früheres Vorstandsmitglied der Karl-May-Stiftung),

  • Ekkehard Bartsch (Antiquar und Gründungsmitglied der Karl-May-Gesellschaft),

  • Thomas Grafenberg (ehemaliger Geschäftsführer des Fördervereins des Karl-May-Museums),

  • Dr. Henry Hasenpflug (ehemaliger Staatssekretär im Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst),

  • Erich Homilius (ehemaliger Oberbürgermeister von Hohenstein-Ernstthal und Vorsitzender des Fördervereins des Karl-May-Hauses, Silberbüchse e.V.),

  • Ingwert Paulsen (Geschäftsführer der Verlagsgruppe Husum, die u.a. das Jahrbuch der Karl-May-Gesellschaft verlegt),

  • Michael Petzel (Geschäftsführer des Karl-May-Archivs Göttingen),

  • Joachim Sacher (Dipl.-Immobilienwirt aus Dresden),

  • Philipp Schall (Medienproduzent und Geschäftsführer mehrerer Münchner Unternehmen der TELLUX-Gruppe),

  • Karsten Wagner (Steuerberater aus Dresden),

  • René Wagner (ehemaliger Direktor des Karl-May-Museums und früherer Vorsitzender des Fördervereins),

  • Prof. (em.) Dr. Helmut G. Walther (Historiker; zuletzt an der Universität Jena),

  • Marco Wanderwitz (CDU-Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Chemnitzer Umland/Erzgebirgskreis II, aktueller Ostbeauftragter der Bundesregierung und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie),

  • Dr. Florian Schleburg (Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft und Akademischer Oberrat an der Universität Regensburg).